Lactobacillus reuteri ist ein Bakterium, das sich förderlich auf den Verdauungstrakt, das Allergie-Risiko, die Mundgesundheit und insbesondere auch auf die Psyche auswirkt. Besonders der Stamm L. reuteri LA13210 kann den Oxytocin-Spiegel erhöhen und dadurch die psychische Verfassung positiv beeinflussen. Das „Kuschelhormon” Oxytocin wiederum stärkt zwischenmenschliche Beziehungen, mindert Stress und ist dabei behilflich, Ängste zu überwinden.
L. reuteri: Wichtiger Begleiter von Anfang an
Die Bedeutung von probiotischen Darmbakterien für die Gesundheit des menschlichen Mikrobioms wurde bereits vor gut 100 Jahren erkannt. Das Bakterium Lactobacillus reuteri (kurz: L. reuteri) rückte jedoch — zumindest aus ernährungsphysiologischer Sicht — erstmals in den 1980er-Jahren in den Fokus der wissenschaftlichen Forschung.
Dieses verspätete Interesse an L. reuteri ist eigentlich erstaunlich, denn das Lactobacillus reuteri zählt zu den ersten und wichtigsten Bakterien, die sich im menschlichen Darm schon kurz nach der Geburt ansiedeln. Außerdem geht man heute davon aus, dass eine möglichst frühe Besiedlung des Darms mit L. reuteri in den ersten Lebensmonaten ganz entscheidend dazu beiträgt, eine gesunde Entwicklung des kindlichen Immun- und Verdauungssystems zu fördern, und dass Kinder, in deren Mikrobiom das Lactobacillus reuteri unterrepräsentiert ist, ein höheres Risiko haben, im weiteren Verlauf ihres Lebens Allergien gegenüber Reizstoffen zu entwickeln, die für ein normal entwickeltes Immunsystems eigentlich kein Problem darstellen sollten weil jeder Mensch früher oder später in seinem natürlichen Lebensumfeld damit in Kontakt kommt.
Moderner Lebenswandel als häufige Ursachen für einen Mangel an L. reuteri
In der Regel wird das Lactobacillus reuteri über die Muttermilch zugeführt. Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Menge der nützlichen Bakterienstämme in der Muttermilch im Großen und Ganzen weltweit abnimmt. Forscher gehen davon aus, dass Lactobacillus reuteri nur noch bei 10 bis 20 Prozent aller Menschen „von Natur aus” (d.h., ohne gezielte Zufuhr über die Ernährung) im Darm vorkommt.
Als Hauptursache für diese alarmierenden Beobachtungen und deren desaströse Konsequenzen wird die moderne Ernährung angesehen. — Denn: Konservierungsstoffe und -verfahren, die pauschal darauf abzielen, sämtliche Lebensmittelkeime — ohne Rücksicht auf deren potentielle Nützlichkeit — flächendeckend abzutöten um dadurch die Haltbarkeit und Lagerfähigkeit dieser Lebensmittel zu verlängern (und somit auch deren gewinnmaximierte Vermarktung zu erleichtern), eliminieren eben leider allzu oft auch all die „guten” Bakterien, die erwiesenermaßen für eine normale Funktion unseres Darms und unseres Immunsystems notwendig wären. Erschwerend kommt hinzu, dass immer weniger Menschen regelmäßig fermentierte Produkte wie Joghurt, Sauerkraut oder Teigwaren aus Sauerteig verzehren.
Sicherlich steht außer Frage, dass Lebensmittel unter „sauberen” Bedingungen hergestellt und verarbeitet werden sollten, um Verunreinigungen durch schädliche Keime zu vermeiden. Doch wie bereits gesagt: Neben den schädlichen Keimen, die Lebensmittel schneller verderben lassen und unsere Gesundheit gefährden, gibt es auch nützliche Bakterienstämme wie z. B. L. reuteri, die den Menschen immer schon begleitet haben und sich im Laufe unserer Evolution als wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung und einer intakten Darmflora etabliert haben.
Der Mensch ist auf Laktobazillen angewiesen!
Verschiedenste Arten von Laktobazillen müssen in ausreichender und ausgewogener Menge vorhanden sein, damit der Körper gesund ist. — Denn eine der wichtigsten Funktionen von Laktobazillen liegt in der Vergärung von Kohlenhydraten zu Milchsäure und in der damit verbundenen Senkung des pH-Wertes (d.h., mit einer Ansäuerung des Nahrungsbreis).
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Funktion dieser Laktobazillen keineswegs nur darin besteht, Magensäure (also HCl = Salzsäure) durch Milchsäure zu ersetzen; vielmehr ist ein saures bzw. milchsaures Milieu im oberen Bereich des Dünndarms ideal für alle dort üblicherweise angesiedelten „guten” Darmbakterien, einerseits um die „schlechten” Keime bereits auf möglichst früher Ebene aus dem Verdauungsapparat verdrängen zu können, und andererseits weil viele Laktobazillen grundsätzlich auch antivirale, antimikrobielle und entzündungshemmende Wirkungen entfalten.
Gesundheitlicher Nutzen von Laktobakterien im Darm:
- Verdrängung von schädlichen Keimen, u.a. durch Produktion von Milchsäure
- allgemeine Förderung von Verdauungsprozessen
- Verringerung von Blähungen, Verstopfung und Durchfall
- Stärkung und Regulierung des Immunsystems
- Förderung der Schleimbildung zwecks Stärkung der Darmbarriere
- Verringerung der Insulinresistenz und Verbesserung der Glukosetoleranz
Lactobacillus reuteri wirkt nicht nur im Darm!
Insbesondere Laktobakterien der Gattung L. reuteri sind in den vergangenen Jahren vermehrt in den Fokus der Wissenschaft gerückt, nicht zuletzt auch deshalb weil mittlerweile in zahlreichen Studien viele äußerst beeindruckende gesundheitliche Wirkungen beobachtet werden konnten, darunter auch einige anfangs unerwartete Effekte:
Das Lactobacillus reuteri stärkt offenbar das Immunsystem, beteiligt sich aktiv an der Infektionsbekämpfung und senkt das Allergierisiko. Des Weiteren scheint das Bakterium die Gesundheit der Mundschleimhaut (bzw. deren bakterielle Besiedlung) zu verbessern und kann Zahnfleischentzündungen sowie Zahnbelag reduzieren.
Insbesondere bei Kleinkindern konnten virusbedingte Durchfallerkrankungen schneller abklingen, wenn eine Behandlung mit Lactobacillus reuteri erfolgte. Erneute Darminfektionen können durch die prophylaktische Gabe dieses Bakterienstammes nachweislich verhindert werden.
Besondere Beachtung erhielt L. reuteri u.a. auch im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Helicobacter pylori, einem Bakterium, das schon seit langem als eine der häufigsten Ursachen für die Entstehung von Magengeschwüren und von akuten sowie chronischen Magenschleimhautentzündungen verantwortlich gemacht wird. Die Forschungen auf diesem Gebiet zeigen, dass das Lactobacillus reuteri offenbar Helicobacter pylori binden, also quasi „einfangen” und somit die Ausscheidung des schädlichen Keims fördern kann. Folglich konnte die Keimbelastung durch das schädliche Helicobacter pylori in entsprechenden Studien deutlich gesenkt werden. Noch unklar ist jedoch, ob Lactobacillus reuteri die bisherige Behandlung mittels Antibiotika ersetzen kann oder ob das Bakterium nur im Rahmen einer Begleittherapie eingesetzt werden sollte.
Psychobiotika: Der Einfluss von L. reuteri auf das Gehirn
Der wohl erstaunlichste Effekt nach der gezielten Verabreichung von koloniebildenden Probiotika mit L. reuteri zeigt sich allerdings nicht etwa „direkt vor Ort” (also im Magen-Darm-Komplex), sondern in einem Bereich, der wohl kaum noch weiter von den Zentralorganen unserer Verdauungsaktivitäten entfernt sein könnte …
Denn neben seinen bereits oben genannten Auswirkungen auf die Nährstoffverwertung und Immunfunktion gilt L. reuteri mittlerweile als vielversprechendes Psychobiotikum, das aufgrund seiner Einflussnahme auf die Ausschüttung bestimmter Hormone und Hirnbotenstoffe u.a. bei Angststörungen aber auch bei anderen psychischen Stresszuständen zum Einsatz kommt.
- Erhöhung des Oxytocin-Spiegels („Kuschelhormon”)
- Vermeidung von Mangelzuständen (Tryptophan, Vitamin B6 und Zink), die aufgrund ihrer Auswirkungen auf den Serotonin-Haushalt Depressionen auslösen können.
- Verringerung der Schmerzwahrnehmung
- Stressreduktion
Des Weiteren unterstützt das Bakterium auch eine normale Schilddrüsenfunktion, und die Bildung von Schilddrüsenhormonen ist für eine gesunde Psyche enorm wichtig! Auch eine Fehlbesiedlung des Dünndarms (Overgrowth-Syndrom) kann Lactobacillus reuteri verhindern. Beim Overgrowth-Syndrom stellt sich meist ein Mangel an Tryptophan, Vitamin B6 und Zink ein, was Depressionen auslösen kann.
Die Bezeichnung als Psychobiotikum hat sich Lactobacillus reuteri aber besonders aufgrund der Erhöhung des Oxytocin-Spiegels verdient. Oxytocin, das „Kuschelhormon”, ist sowohl ein Hormon als auch ein wichtiger Neurotransmitter. Es stärkt unter anderem das Sozialverhalten, die Empathie und das Vertrauen. Zudem unterstützt es die Überwindung von Ängsten.
In Tier-Versuchen wurde beobachtet, dass Tiere soziale Defizite zeigen, wenn ihnen das Bakterium Lactobacillus reuteri im Darm fehlt. Die Verhaltensstörungen konnten durch die Gabe des Bakterienstammes größtenteils behoben werden. Forscher schreiben diesen Effekt der Erhöhung des Oxytocins durch Lactobacillus reuteri zu. Menschen, die an Autismus oder Angststörungen leiden, könnten folglich von einer probiotischen Behandlung profitieren.
Oxytocin für Glücksgefühle und innige Beziehungen
Oxytocin ist als Bindungs- und Kuschelhormon bekannt. Am Ende der Schwangerschaft löst es die Wehen aus und stärkt nach der Geburt die Beziehung zwischen Mutter und Kind. Berührungen und das Kuscheln mit geliebten Menschen führen ein Leben lang zur Oxytocin-Ausschüttung.
Im Gehirn steuert Oxytocin in Stresssituationen die Aktivität der Amygdala. In dieser Region werden Gefahrensituationen interpretiert und gegebenenfalls wird mit Angst auf diese reagiert. Da Oxytocin auch den Cortisol-Spiegel senkt, kann das Hormon sowohl Angst als auch Stress mindern. Weiter wird ein hoher Oxytocin-Spiegel mit geringerer Depressionsneigung in Verbindung gebracht. Die Messung eines niedrigen Wertes könnte ein wertvoller Anhaltspunkt in der Früherkennung von Depressionen sein.
Fazit:
Das „Bindungs- und Kuschelhormon” Oxytocin ist an vielen Körperprozessen beteiligt und fördert das Sozialverhalten in „gesunden” familiären oder familienähnlichen zwischenmenschlichen Beziehungen, während ein Mangel an Oxytocin zu Verhaltensstörungen oder psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angstzuständen führen kann.
Der Oxytocin-Spiegel kann durch die Einnahme des Bakteriums Lactobacillus reuteri (besonders: L. reuteri LA13210) erhöht werden.
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